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Identitätsdiebstahl Ausweis verloren:

Schutz & Recht

Der Verlust eines Ausweises gehört zu den Vorfällen, die im Alltag schnell passieren können und zunächst banal erscheinen. Doch im digitalen Zeitalter des Jahres 2026 stellt ein verlorener Personalausweis oder Reisepass ein erhebliches Risiko dar, weil er die Tür zum Identitätsdiebstahl öffnet. Täter können mit den Dokumenten Bankkonten eröffnen, Kreditkarten beantragen oder Mobilfunkverträge abschließen. Auch Online-Shops akzeptieren Ausweiskopien häufig als ausreichenden Identitätsnachweis, sodass der Missbrauch vereinfacht wird. Für Betroffene hat dies weitreichende Konsequenzen: Negative SCHUFA-Einträge, unberechtigte Forderungen von Inkassounternehmen oder sogar Strafverfahren wegen angeblicher Vertragsverletzungen sind keine Seltenheit. Juristisch handelt es sich um eine vielschichtige Problematik, die Strafrecht, Zivilrecht und Datenschutzrecht gleichermaßen betrifft. Während das Strafgesetzbuch die Täter bestraft, gewähren das Bürgerliche Gesetzbuch und die Datenschutz-Grundverordnung Rechte zur Abwehr und Kompensation. Ziel dieses Fachtextes ist es, Betroffenen nicht nur einen Überblick über die geltende Rechtslage und relevante Urteile von BGH und EuGH zu verschaffen, sondern auch konkrete Tipps aufzuzeigen, wie man Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust verhindern kann.

Strafrechtliche Grundlagen beim Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust

Das deutsche Strafrecht kennt keinen spezifischen Tatbestand „Identitätsdiebstahl“. Dennoch bieten verschiedene Normen des Strafgesetzbuches ein engmaschiges Netz, um Täter zu verfolgen. Im Vordergrund steht § 263a StGB, der Computerbetrug unter Strafe stellt. Bereits die unbefugte Nutzung eines fremden Ausweises, um Zugang zu digitalen Diensten oder Bankkonten zu erhalten, kann diesen Tatbestand erfüllen. Kommt es zur Manipulation oder Fälschung des Ausweises selbst, sind § 267 StGB (Urkundenfälschung) und § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten) einschlägig. Besonders brisant ist dies bei Video-Ident-Verfahren, bei denen der Ausweis missbräuchlich in digitalen Identifizierungsprozessen eingesetzt wird. Ergänzend greifen §§ 202a, 202b StGB (Ausspähen und Abfangen von Daten), wenn Täter mit Hilfe der Ausweisdaten Zugang zu IT-Systemen verschaffen. Die Praxis zeigt, dass Kriminelle häufig international agieren, was Ermittlungen zusätzlich erschwert. Für Betroffene ist es deshalb unverzichtbar, sofort nach Verlust des Ausweises eine Strafanzeige gemäß § 158 StPO zu erstatten. Nur so können die Behörden tätig werden und Missbrauch dokumentiert werden, was später im Zivilverfahren entscheidend ist.

Strafrechtliche Relevanz von Personalausweis und Reisepass

Der Missbrauch von amtlichen Dokumenten wie Personalausweis oder Reisepass hat im Strafrecht eine besondere Qualität, weil diese Urkunden zur Identifizierung im Rechtsverkehr bestimmt sind. Wer mit einem verlorenen oder gestohlenen Ausweis Verträge schließt oder Konten eröffnet, erfüllt nicht nur § 263a StGB, sondern in vielen Fällen auch § 281 StGB (Missbrauch von Ausweispapieren). Diese Vorschrift stellt ausdrücklich unter Strafe, wenn jemand ein echtes, aber nicht auf ihn ausgestelltes Dokument gebraucht. Während Fälschungen klassisch unter § 267 StGB fallen, genügt beim Ausweisverlust bereits die Vorlage des Originals durch eine unbefugte Person, um den Tatbestand zu erfüllen. Die Strafandrohung reicht hier bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Besonders relevant ist, dass § 281 StGB auch dann gilt, wenn der Ausweis nur kurzzeitig entwendet wurde, etwa bei Taschendiebstählen. Für Betroffene heißt das: Der bloße Verlust kann zu strafrechtlichem Missbrauch führen, selbst wenn sie keine Fahrlässigkeit trifft. Deshalb gehört zu den wichtigsten Tipps nach Ausweisverlust, sofort Anzeige zu erstatten und den Ausweis im zentralen Sperrregister eintragen zu lassen, um weiteren Schaden zu verhindern.

Ermittlungsverfahren und Rolle der Polizei

Die Strafverfolgung nach Ausweisverlust beginnt mit der Anzeige bei der Polizei. Nach § 158 StPO ist jeder berechtigt, eine Anzeige zu erstatten, unabhängig davon, ob er selbst betroffen ist. In der Praxis sind jedoch die Betroffenen selbst die wichtigsten Anzeigenerstatter, weil sie über die relevanten Informationen und Belege verfügen. Die Polizei nimmt die Anzeige auf und prüft, ob ein Anfangsverdacht für Straftaten wie Betrug, Urkundenfälschung oder Missbrauch von Ausweispapieren besteht. Anschließend werden die Akten an die Staatsanwaltschaft übermittelt, die als Herrin des Verfahrens entscheidet, ob Ermittlungen eingeleitet oder das Verfahren eingestellt wird (§ 170 Abs. 2 StPO). Gerade bei Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust sind digitale Spuren entscheidend, die von spezialisierten Cybercrime-Abteilungen verfolgt werden. Dazu gehören IP-Adressen, Zahlungsflüsse oder Daten aus Online-Banking-Systemen. Für Betroffene ist es ratsam, Beweise systematisch zu sammeln – Mahnungen, Kontoauszüge, E-Mails oder Screenshots. Nur mit dieser Dokumentation können Polizei und Staatsanwaltschaft die Täter ermitteln und vor Gericht bringen.

Strafrechtliche Rechtsprechung zum Identitätsdiebstahl

Die Rechtsprechung hat den Anwendungsbereich der relevanten Normen kontinuierlich erweitert, um modernen Erscheinungsformen des Identitätsklaues gerecht zu werden. Besonders hervorzuheben ist das BGH-Urteil vom 24.11.2016 (Az. 4 StR 78/16), das klarstellt, dass bereits die unbefugte Nutzung fremder Online-Banking-Zugangsdaten eine strafbare Handlung nach § 263a StGB darstellt. Auch das Urteil des OLG Frankfurt vom 25.02.2021 (Az. 1 U 170/19) betont, dass Datenmissbrauch gravierende Folgen haben kann, insbesondere für die Bonität. Übertragen auf den Verlust von Ausweisdokumenten bedeutet dies, dass Gerichte den Missbrauch sehr ernst nehmen und die bestehenden Normen konsequent anwenden. Dennoch bleibt ein Problem: Die Täter handeln häufig international und anonym, was die Strafverfolgung erschwert. Hier setzt die EU mit Maßnahmen wie der NIS-2-Richtlinie und verstärkter Zusammenarbeit über Europol an, um die Effektivität der Strafverfolgung zu steigern. Für Betroffene ist dies ein Hinweis darauf, dass die Anzeige nicht nur nationale, sondern auch internationale Ermittlungen in Gang setzen kann.

Zivilrechtliche Abwehrmöglichkeiten nach Ausweisverlust

Das Zivilrecht eröffnet Betroffenen zahlreiche Möglichkeiten, um gegen Identitätsmissbrauch vorzugehen, der durch einen verlorenen Ausweis verursacht wurde. Besonders relevant ist § 823 Abs. 1 BGB, der Schadensersatz für die Verletzung absoluter Rechte vorsieht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das durch den BGH seit Jahrzehnten anerkannt ist (BGH, Urteil v. 14.02.1958, Az. I ZR 151/56 – „Lüth“), gehört zu diesen Rechten. Wer einen Ausweis unbefugt nutzt, greift massiv in dieses Recht ein. Opfer können deshalb Ersatz für materielle Schäden wie Mahngebühren, Anwaltskosten oder Rückbuchungen verlangen. Ergänzend bietet § 249 BGB den Anspruch auf Naturalrestitution. Das bedeutet, dass Betroffene verlangen können, so gestellt zu werden, als wäre der Missbrauch nicht geschehen, beispielsweise durch die Löschung falscher SCHUFA-Einträge. Darüber hinaus ermöglicht § 1004 BGB analog Unterlassungsansprüche, die darauf abzielen, die weitere Nutzung der Daten zu verhindern. Praktisch bedeutet dies: Wird ein Ausweis missbraucht, können Betroffene gegen Täter und Unternehmen vorgehen, die trotz Hinweis unberechtigte Forderungen weiterverfolgen. Das Zivilrecht dient damit nicht nur der Kompensation, sondern auch dem präventiven Schutz.

Schadensersatz- und Rückforderungsansprüche

Ein weiteres zivilrechtliches Instrument sind Rückforderungsansprüche nach § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung). Hat ein Täter oder ein Unternehmen durch missbräuchliche Nutzung eines Ausweises Zahlungen erlangt, sind diese zurückzuerstatten. Dies gilt auch dann, wenn die Zahlungen zunächst freiwillig geleistet wurden, weil der Betroffene die Forderung nicht sofort als unberechtigt erkannte. Ergänzend können auch deliktische Ansprüche aus § 826 BGB (sittenwidrige vorsätzliche Schädigung) relevant sein, insbesondere wenn der Täter planmäßig vorgeht und bewusst hohe Schäden verursacht. Für die Praxis bedeutet das: Opfer sollten keine Zahlungen leisten, solange die Rechtslage ungeklärt ist. Falls doch Zahlungen erfolgen, stehen Rückforderungswege offen. Gerichte zeigen zunehmend Verständnis für die schwierige Lage von Identitätsopfern. So hat der BGH wiederholt betont, dass Gläubiger ihre Beweispflicht erfüllen müssen, wenn sie Forderungen geltend machen, die auf angeblichen Verträgen beruhen. Können sie nicht nachweisen, dass die betroffene Person den Vertrag tatsächlich geschlossen hat, sind die Ansprüche unbegründet. Präventiv sollten Betroffene daher frühzeitig Widerspruch einlegen und alle Dokumente archivieren.

Anfechtung von Verträgen nach § 123 BGB

Verträge, die unter Vorlage eines verlorenen oder gestohlenen Ausweises geschlossen wurden, können nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung angefochten werden. Diese Vorschrift ermöglicht es, Rechtsgeschäfte rückwirkend für nichtig zu erklären, wenn sie durch Täuschung zustande kamen. Praktisch bedeutet dies, dass Betroffene nachweisen müssen, den Vertrag nicht selbst abgeschlossen zu haben. Hierbei helfen Strafanzeigen, Zeugenaussagen und digitale Spuren, die belegen, dass die Handlung durch Dritte erfolgte. Der Vertragspartner trägt jedoch die Beweislast, wenn Zweifel bestehen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil v. 11.05.2011, Az. VIII ZR 289/09) gilt, dass Unternehmen sorgfältige Identitätsprüfungen durchführen müssen. Geschieht dies nicht, trägt das Unternehmen das Risiko des Missbrauchs. Für Betroffene ist es wichtig, Anfechtungen schriftlich und nachweisbar zu erklären, um weitere Mahnungen und Inkassoverfahren zu verhindern. Der Tipp lautet deshalb: Nach Ausweisverlust sofort schriftlich bei allen relevanten Unternehmen vorsorglich Widerspruch gegen mögliche Vertragsabschlüsse einlegen.

DSGVO-Rechte bei Identitätsdiebstahl durch verlorene Dokumente

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist für den Schutz personenbezogener Daten unverzichtbar. Wer Opfer von Identitätsklau durch einen verlorenen Ausweis wird, kann sich auf verschiedene Normen stützen. Art. 15 DSGVO gewährt ein umfassendes Auskunftsrecht, sodass Betroffene erfahren können, welche Daten verarbeitet wurden und zu welchem Zweck. Dies ist entscheidend, um herauszufinden, ob ein Unternehmen aufgrund missbräuchlicher Nutzung eines Ausweises falsche Daten gespeichert hat. Art. 17 DSGVO verpflichtet Verantwortliche zur Löschung unrechtmäßig gespeicherter Daten. Dies betrifft vor allem Auskunfteien oder Banken, die aufgrund von Identitätsmissbrauch falsche Einträge vornehmen. Besonders relevant ist Art. 82 DSGVO, der Schadensersatzansprüche für materielle und immaterielle Schäden vorsieht. Der EuGH bestätigte im Urteil vom 04.05.2023 (Az. C-300/21), dass bereits der Kontrollverlust über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden begründet. Präventiv sollten Betroffene daher frühzeitig Auskunftsersuchen stellen und die Verarbeitung ihrer Daten aktiv überwachen, um Missbrauch zu erkennen und sofort reagieren zu können.

Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO

Art. 82 DSGVO bietet Opfern von Identitätsklau durch Ausweisverlust eine starke Rechtsgrundlage. Er gewährt Schadensersatz nicht nur für direkte finanzielle Schäden, sondern auch für immaterielle Beeinträchtigungen. Dazu zählen psychische Belastungen, Rufschädigungen und die ständige Sorge vor weiteren Missbrauchsfällen. Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 04.05.2023 (Az. C-300/21) ausdrücklich betont, dass es keiner hohen Eingriffsschwelle bedarf: Bereits der Verlust der Kontrolle über Daten reicht aus. Für die Praxis bedeutet das: Betroffene können Ansprüche gegen Unternehmen geltend machen, die ihre Daten trotz Hinweis auf Identitätsmissbrauch nicht löschen. Wichtig ist die Dokumentation: Schriftwechsel, Auskunftsersuchen und behördliche Bescheide sollten aufbewahrt werden. Präventiv empfiehlt es sich, im Falle eines Ausweisverlusts sofort die zuständigen Stellen über den Identitätsklau zu informieren und die Löschung aller unrechtmäßig gespeicherten Daten zu verlangen. So wird nicht nur der Missbrauch begrenzt, sondern auch die Grundlage für Schadensersatz geschaffen.

Folgen für SCHUFA & Bonität bei Ausweisverlust

Die SCHUFA und andere Auskunfteien spielen eine zentrale Rolle im Alltag, da ihre Bewertungen über Bonität entscheiden. Falsche Einträge infolge von Identitätsklau sind daher besonders gravierend. Ein verlorener Ausweis kann dazu führen, dass Täter Mobilfunkverträge, Leasingverträge oder Kredite unter fremdem Namen abschließen. Werden diese nicht bezahlt, melden Gläubiger die Forderungen an Auskunfteien. Für Betroffene bedeutet das: negative SCHUFA-Einträge, die Kreditaufnahmen, Mietverträge oder selbst einfache Online-Bestellungen unmöglich machen. Rechtlich sind Auskunfteien verpflichtet, falsche Daten zu berichtigen oder zu löschen. § 35 BDSG und Art. 16 DSGVO sehen ausdrücklich vor, dass unrichtige personenbezogene Daten unverzüglich korrigiert werden müssen. Das OLG Frankfurt am Main hat im Urteil vom 25.02.2021 (Az. 1 U 170/19) betont, dass eine SCHUFA-Eintragung unzulässig ist, wenn das Vertragsverhältnis bestritten und nicht nachgewiesen werden kann. Für Betroffene gilt daher: Widerspruch einlegen, Berichtigung verlangen und notfalls gerichtliche Schritte einleiten.

Praktische Tipps im Umgang mit SCHUFA & Auskunfteien

Betroffene sollten regelmäßig eine Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO bei der SCHUFA einholen. Diese ist einmal jährlich kostenlos und ermöglicht es, gespeicherte Daten zu überprüfen. Auffällige Einträge sollten sofort schriftlich bestritten und mit Belegen widerlegt werden, etwa mit der Kopie der Strafanzeige wegen Ausweisverlusts. Unternehmen, die unberechtigt Forderungen melden, sind zur Löschung verpflichtet, sobald der Identitätsklau glaubhaft gemacht wurde. Wird eine Löschung verweigert, können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden (§ 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 82 DSGVO). Auch eine Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde nach Art. 77 DSGVO kann sinnvoll sein. Präventiv empfiehlt sich, alle Mahnungen ernst zu nehmen und nicht einfach zu ignorieren. Selbst wenn Forderungen offensichtlich unberechtigt sind, kann ein Untätigbleiben zu weiteren Einträgen führen. Wer schnell reagiert, kann seine Bonität schützen und langfristige Nachteile verhindern.

Banken & Finanzen – Identitätsklau mit Ausweis

Ein verlorener Ausweis birgt erhebliche Risiken für den Finanzsektor. Täter können ihn nutzen, um Bankkonten zu eröffnen, Kreditkarten zu beantragen oder sogar Kredite aufzunehmen. Juristisch sind Betroffene in solchen Fällen grundsätzlich abgesichert. Nach § 675u BGB ist die Bank verpflichtet, nicht autorisierte Zahlungsvorgänge unverzüglich zu erstatten. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der Kunde grob fahrlässig handelte, etwa indem er die PIN-Nummer gemeinsam mit der Karte aufbewahrte (§ 675v Abs. 2 BGB). Im Zusammenhang mit Ausweisverlust ist eine solche Fahrlässigkeit aber meist nicht gegeben, da der Verlust häufig unbeeinflussbar ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass Banken zunächst versuchen, die Verantwortung auf die Kunden abzuwälzen. Daher ist es wichtig, nach einem Ausweisverlust sofort die Bank zu informieren und den Vorfall dokumentieren zu lassen. Die PSD2-Richtlinie verpflichtet Kreditinstitute außerdem zur Zwei-Faktor-Authentifizierung, sodass allein die Vorlage eines Ausweises für Transaktionen nicht genügen darf. Wird diese Pflicht verletzt, spricht vieles für eine Haftung der Bank. Präventiv sollten Verbraucher ihre Kontobewegungen regelmäßig prüfen und automatische Benachrichtigungen aktivieren.

Kreditkartenmissbrauch und unautorisierte Überweisungen

Besonders häufig nutzen Täter Ausweisdaten, um Kreditkarten zu beantragen oder bestehende Karten für Zahlungen zu missbrauchen. Hier gelten die gleichen Grundsätze wie im Online-Banking. Nach § 675u BGB haften Kunden nicht für unautorisierte Zahlungen, es sei denn, sie haben grob fahrlässig gehandelt. Gerichte stellen hohe Anforderungen an den Nachweis grober Fahrlässigkeit. So entschied das AG Frankfurt am Main am 18.03.2016 (Az. 32 C 3806/15), dass allein die Eingabe von Daten auf einer täuschend echt gestalteten Phishing-Seite keine grobe Fahrlässigkeit darstellt. Für Betroffene ist es wichtig, nach einem Ausweisverlust Kreditkarten sofort sperren zu lassen, um weiteren Schaden zu vermeiden. Der zentrale Sperr-Notruf 116 116 bietet eine schnelle Möglichkeit, Karten unabhängig vom Anbieter zu blockieren. Präventiv empfiehlt sich die Nutzung von Kreditkarten mit Benachrichtigungsfunktion, bei der jede Transaktion sofort per SMS oder App angezeigt wird. So können unautorisierte Abbuchungen frühzeitig erkannt und gemeldet werden. Auch Cyber-Versicherungen decken häufig Kosten aus Kreditkartenbetrug ab, sofern eine polizeiliche Anzeige vorliegt.

Kontoeröffnung unter falschem Namen

Ein weiteres Risiko bei Ausweisverlust ist die Eröffnung von Bankkonten durch Täter. Banken sind verpflichtet, die Identität ihrer Kunden sorgfältig zu prüfen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 GwG – Geldwäschegesetz). In der Praxis geschieht dies über Post-Ident- oder Video-Ident-Verfahren. Wird ein verlorener Ausweis eingesetzt, haften in erster Linie die Banken, wenn sie die Echtheit nicht ausreichend kontrollieren. Der BGH hat in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass Kreditinstitute besondere Sorgfaltspflichten bei der Identitätsprüfung haben. Für Opfer bedeutet das: Forderungen aus missbräuchlich eröffneten Konten sind unbegründet, da kein wirksamer Vertrag vorliegt. Dennoch versuchen Banken oder Inkassobüros oft, diese Ansprüche durchzusetzen. Betroffene sollten in solchen Fällen schriftlich widersprechen und den Identitätsdiebstahl nachweisen, etwa durch eine Strafanzeige. Präventiv kann es sinnvoll sein, nach einem Ausweisverlust bei der SCHUFA eine Warnung einzurichten, sodass auffällige Kontoeröffnungen schnell erkannt werden.

Anzeige bei Polizei und Rolle der Ermittlungsbehörden

Nach einem Ausweisverlust ist die Meldung an die Polizei Pflicht, nicht nur aus praktischen, sondern auch aus juristischen Gründen. § 158 StPO erlaubt jedermann die Anzeige, für Betroffene ist sie jedoch besonders wichtig, da sie die Grundlage für Ermittlungen schafft. Die Polizei nimmt die Anzeige auf und prüft, ob ein Anfangsverdacht für Betrug, Urkundenfälschung oder Missbrauch von Ausweispapieren (§ 281 StGB) besteht. Anschließend entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Einleitung des Ermittlungsverfahrens. Bei Identitätsdiebstahl arbeiten spezialisierte Cybercrime-Abteilungen, die digitale Spuren auswerten, Zahlungsflüsse verfolgen und Darknet-Angebote überwachen. Internationale Dimensionen werden über Europol oder Interpol koordiniert. Für Betroffene ist die Anzeige außerdem ein wichtiger Nachweis gegenüber Banken, Versicherungen oder Auskunfteien. Viele Rechtsschutz- und Cyber-Versicherungen verlangen eine Strafanzeige als Voraussetzung für Leistungen. Präventiv gilt deshalb: Den Ausweisverlust nicht nur beim Bürgeramt, sondern auch sofort bei der Polizei melden.

Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft

Die Staatsanwaltschaft ist Herrin des Ermittlungsverfahrens (§ 152 Abs. 2 StPO). Sie entscheidet, ob Ermittlungen aufgenommen, eingestellt (§ 170 Abs. 2 StPO) oder Anklage erhoben werden. Gerade beim Missbrauch verlorener Ausweise ist eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei notwendig. Ermittler sichern Beweise, während die Staatsanwaltschaft rechtliche Maßnahmen koordiniert, etwa Hausdurchsuchungen oder internationale Rechtshilfeersuchen. Opfer haben das Recht, über den Stand des Verfahrens informiert zu werden (§ 406d StPO) und können über einen Anwalt Akteneinsicht beantragen (§ 406e StPO). In schwerwiegenden Fällen besteht die Möglichkeit einer Nebenklage (§ 395 StPO), wodurch Opfer aktiv Einfluss auf das Verfahren nehmen können. Präventiv sollten Betroffene Beweise systematisch sammeln: Mahnungen, Schreiben von Banken, E-Mails und Screenshots sind entscheidend für die Arbeit der Ermittlungsbehörden. Je besser die Dokumentation, desto größer die Chance, dass die Täter gefasst und zur Verantwortung gezogen werden.

Prävention durch sofortige Sperrung und Meldung

Nach einem Ausweisverlust ist die sofortige Sperrung entscheidend, um Missbrauch zu verhindern. Bürgerämter melden verlorene Dokumente in das zentrale Sperrregister, sodass Banken und andere Stellen erkennen, dass der Ausweis nicht mehr gültig ist. Auch die AusweisApp2, die für Online-Ausweisfunktionen genutzt wird, kann gesperrt werden, um unbefugte Identifikationen zu verhindern. Zusätzlich sollten Betroffene alle relevanten Banken, Versicherungen und Vertragspartner informieren, damit keine Transaktionen mehr auf Grundlage des verlorenen Ausweises durchgeführt werden. Präventiv empfiehlt es sich, Ausweisdokumente niemals im Original an Dritte weiterzugeben oder unverschlüsselt zu kopieren. Unternehmen dürfen nur die relevanten Daten speichern, nicht aber vollständige Kopien archivieren, sofern keine gesetzliche Pflicht besteht. Art. 5 DSGVO verpflichtet zur Datenminimierung. Wer sorgsam mit seinen Dokumenten umgeht und bei Verlust sofort reagiert, reduziert das Risiko eines Identitätsdiebstahls erheblich.

Technische Schutzmaßnahmen im digitalen Alltag

Technische Maßnahmen sind ein zentraler Bestandteil der Prävention gegen Identitätsmissbrauch. Zwei-Faktor-Authentifizierung sollte überall aktiviert werden, um den Zugriff auf Konten zusätzlich abzusichern. Starke, individuelle Passwörter, die regelmäßig gewechselt werden, sind ebenfalls unverzichtbar. Passwort-Manager helfen dabei, komplexe Kombinationen sicher zu verwalten. Auch der Schutz vor Phishing und Social Engineering ist entscheidend. Kriminelle nutzen Ausweisdaten oft in Kombination mit anderen gestohlenen Informationen, um ihre Opfer zu täuschen. Präventiv sollten Betroffene regelmäßig prüfen, ob ihre Daten in bekannten Datenlecks auftauchen. Dienste wie „Have I Been Pwned“ oder spezielle Monitoring-Angebote von Cyber-Versicherungen leisten hier wertvolle Dienste. Auf europäischer Ebene verpflichtet Art. 32 DSGVO Unternehmen, geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen, um Datenmissbrauch zu verhindern. Die NIS-2-Richtlinie verschärft diese Pflichten weiter. Für Privatpersonen gilt: Je höher das eigene Sicherheitsbewusstsein, desto geringer das Risiko, Opfer von Identitätsklau nach Ausweisverlust zu werden.

Versicherungen & Rechtsschutz bei Identitätsklau durch Ausweisverlust

Versicherungen spielen beim Identitätsdiebstahl eine zunehmend wichtige Rolle, da finanzielle Schäden beträchtlich sein können. Cyber-Versicherungen bieten heute umfassende Leistungen: Sie übernehmen Kosten für Rechtsanwälte, IT-Forensiker, die Wiederherstellung von Daten und die Beseitigung falscher SCHUFA-Einträge. Manche Policen decken sogar PR-Maßnahmen, um den guten Ruf des Betroffenen wiederherzustellen. Allerdings gilt es, die Versicherungsbedingungen genau zu prüfen, da grobe Fahrlässigkeit regelmäßig ausgeschlossen ist. Wer zum Beispiel den Ausweis ungesichert in einer Gaststätte liegen lässt, könnte Probleme bei der Leistungspflicht bekommen. Ergänzend bietet die Rechtsschutzversicherung Schutz, indem sie Anwalts- und Gerichtskosten übernimmt. Der BGH entschied im Urteil vom 09.09.2020 (Az. IV ZR 195/19), dass Versicherer auch dann zahlen müssen, wenn es um die Abwehr falscher Forderungen infolge von Identitätsmissbrauch geht. Präventiv empfiehlt es sich, bestehende Policen zu prüfen und auf den Einschluss von Identitätsklau zu achten. Zudem sollten Betroffene im Ernstfall sofort den Versicherer informieren und eine Strafanzeige vorlegen, da dies häufig Voraussetzung für die Leistungspflicht ist.

Vertragsrechtliche Dimension bei Missbrauch verlorener Ausweise

Ein verlorener Ausweis wird häufig missbraucht, um Verträge unter fremdem Namen abzuschließen. Diese sind nach § 123 BGB wegen arglistiger Täuschung anfechtbar. Die Rechtsfolge ist, dass das Geschäft von Anfang an nichtig ist. In der Praxis sehen sich Betroffene jedoch mit Mahnungen, Inkassoverfahren und sogar Klagen konfrontiert, da Vertragspartner oft auf die Forderungen bestehen. Hier hilft ein schriftlicher Widerspruch, ergänzt durch Nachweise wie eine Strafanzeige oder ein Sperrvermerk beim Bürgeramt. Bereits gezahlte Beträge können über § 812 BGB (ungerechtfertigte Bereicherung) zurückgefordert werden. Besonders problematisch sind Mahnbescheide, die oft automatisiert versendet werden. Wer hier nicht rechtzeitig widerspricht, riskiert die Vollstreckung. Deshalb ist eine schnelle Reaktion unverzichtbar. Betroffene können zudem einstweiligen Rechtsschutz nach §§ 935 ff. ZPO beantragen, um unberechtigte Vollstreckungsmaßnahmen sofort zu stoppen. Präventiv gilt: Nach Ausweisverlust sollten Unternehmen, bei denen Verträge denkbar sind, vorsorglich informiert werden, um Betrugsversuche abzuwehren.

Internationale Dimension des Identitätsdiebstahls

Identitätsmissbrauch durch verlorene Ausweise kennt keine Grenzen. Täter operieren häufig international, nutzen Server im Ausland oder handeln mit Dokumentendaten im Darknet. Innerhalb der Europäischen Union schafft die eIDAS-Verordnung einen Rahmen für elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste, der einheitliche Standards setzt. Zudem verpflichtet die NIS-2-Richtlinie Betreiber kritischer Infrastrukturen zu hohen Sicherheitsvorgaben. Für Betroffene ist entscheidend, dass ihre Rechte europaweit gelten. So können sie sich auf Art. 15 und Art. 17 DSGVO berufen, um auch im Ausland gespeicherte Daten löschen zu lassen. Schwieriger wird es, wenn Täter in Drittstaaten sitzen. Zwar existieren internationale Rechtshilfeabkommen, doch die Vollstreckung deutscher Urteile ist dort oft nicht möglich. Deshalb ist die Zusammenarbeit über Europol und Interpol besonders wichtig. Opfer profitieren davon, dass Daten europaweit verfolgt und Täter auch im Ausland ermittelt werden können. Präventiv empfiehlt sich, besonders vorsichtig bei der Weitergabe von Ausweisdaten an internationale Anbieter zu sein.

Psychologische Aspekte & Opferrechte

Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust verursacht nicht nur finanzielle, sondern auch erhebliche psychische Belastungen. Betroffene berichten von Kontrollverlust, Schlafstörungen und Ängsten vor erneuter Täuschung. Juristisch eröffnet § 253 Abs. 2 BGB die Möglichkeit, Schmerzensgeld zu verlangen, wenn Persönlichkeitsrechte erheblich verletzt wurden. Der EuGH stellte im Urteil vom 04.05.2023 (Az. C-300/21) klar, dass bereits der Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten einen immateriellen Schaden darstellen kann. Opfer können daher nicht nur materielle, sondern auch psychische Schäden geltend machen. Ergänzend bietet das Opferentschädigungsgesetz (OEG) Unterstützung, wenn die Folgen besonders schwerwiegend sind. Betroffene haben Anspruch auf psychosoziale Prozessbegleitung nach § 406g StPO, die sie durch ein Strafverfahren begleitet und entlastet. Beratungsstellen wie WEISSER RING bieten zusätzliche Hilfe. Präventiv ist es sinnvoll, frühzeitig psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen, um die Belastungen zu bewältigen. Der Tipp lautet: Den Identitätsdiebstahl nicht nur juristisch, sondern auch seelisch ernst nehmen.

Fazit & Call-to-Action

Der Verlust eines Ausweises ist kein bloßes Ärgernis, sondern kann 2026 gravierende Folgen haben. Identitätsdiebstahl führt zu Betrug, falschen SCHUFA-Einträgen, unberechtigten Mahnungen und massiven psychischen Belastungen. Das Rechtssystem bietet jedoch umfangreiche Schutzinstrumente. Strafrechtliche Normen wie §§ 263a, 267, 281 StGB verfolgen Täter, zivilrechtliche Vorschriften wie § 823 BGB und § 812 BGB sichern Ansprüche auf Schadensersatz und Rückerstattung. Die DSGVO stärkt Betroffene zusätzlich durch Auskunfts-, Löschungs- und Schadensersatzrechte (Art. 15, Art. 17, Art. 82 DSGVO). Banken haften nach § 675u BGB für unautorisierte Zahlungen, und Versicherungen bieten finanziellen Schutz. Dennoch gilt: Prävention ist der beste Schutz. Wer seinen Ausweis verliert, sollte ihn sofort sperren, Polizei und Bürgeramt informieren, Banken warnen und eine Selbstauskunft bei der SCHUFA anfordern. Nur schnelles Handeln minimiert Schäden.

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FAQ –Identitätsdiebstahl Ausweis verloren

1. Was bedeutet Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust?

Identitätsdiebstahl nach Ausweisverlust liegt vor, wenn ein Dritter einen verlorenen oder gestohlenen Ausweis nutzt, um im Namen des Betroffenen rechtswidrige Handlungen vorzunehmen. Typisch sind Kontoeröffnungen, Kreditkartenanträge oder Vertragsabschlüsse. Strafrechtlich kommen insbesondere § 263a StGB (Computerbetrug), § 267 StGB (Urkundenfälschung) und § 281 StGB (Missbrauch von Ausweispapieren) in Betracht. Zivilrechtlich können Opfer Ansprüche aus § 823 Abs. 1 BGB geltend machen, wenn ihr Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Besonders gravierend sind fehlerhafte SCHUFA-Einträge, die aufgrund solcher Verträge entstehen. Diese müssen nach § 35 BDSG und Art. 16 DSGVO berichtigt werden. Betroffene sollten Ausweisverlust sofort beim Bürgeramt und der Polizei melden, um Missbrauch zu verhindern und Beweise zu sichern.


2. Welche Straftatbestände greifen beim Missbrauch verlorener Ausweise?

Beim Missbrauch von Personalausweisen oder Reisepässen sind mehrere Vorschriften einschlägig. Neben § 263a StGB (Computerbetrug) greift § 281 StGB, der den Missbrauch echter, aber fremder Ausweise unter Strafe stellt. Wird der Ausweis verfälscht oder manipuliert, ist § 267 StGB (Urkundenfälschung) relevant. Für digitale Manipulationen gilt § 269 StGB (Fälschung beweiserheblicher Daten). Auch § 202a StGB (Ausspähen von Daten) kann einschlägig sein, wenn Ausweisdaten für unbefugte Zugriffe auf Systeme genutzt werden. Die Strafandrohung reicht von Geldstrafen bis zu mehrjährigen Freiheitsstrafen. Opfer sollten daher unmittelbar Anzeige nach § 158 StPO erstatten, damit Polizei und Staatsanwaltschaft tätig werden können.


3. Wie kann ich mich zivilrechtlich wehren?

Zivilrechtlich bestehen umfangreiche Abwehr- und Kompensationsmöglichkeiten. Nach § 823 Abs. 1 BGB können Opfer Schadensersatz verlangen, wenn ihr Persönlichkeitsrecht durch den Missbrauch verletzt wird. § 1004 BGB analog ermöglicht Unterlassungsansprüche, um die weitere Nutzung der Daten zu stoppen. Wurde durch den Missbrauch Geld erlangt, können Rückforderungsansprüche nach § 812 BGB geltend gemacht werden. Besonders wichtig ist § 249 BGB, der Naturalrestitution vorsieht, also die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands. Dies bedeutet zum Beispiel die Löschung falscher SCHUFA-Einträge. Praktisch sollten Betroffene unberechtigten Forderungen sofort widersprechen und anwaltliche Unterstützung suchen, um Mahnbescheide oder Inkassomaßnahmen abzuwehren.


4. Welche DSGVO-Rechte helfen bei Ausweisverlust?

Die Datenschutz-Grundverordnung bietet Betroffenen umfassende Rechte. Nach Art. 15 DSGVO besteht ein Auskunftsrecht darüber, ob und welche Daten verarbeitet werden. Mit Art. 17 DSGVO („Recht auf Vergessenwerden“) können unrechtmäßig gespeicherte Daten gelöscht werden, beispielsweise falsche SCHUFA-Einträge. Besonders relevant ist Art. 82 DSGVO, der Schadensersatz für materielle und immaterielle Schäden vorsieht. Der EuGH hat im Urteil vom 04.05.2023 (Az. C-300/21) entschieden, dass bereits der Kontrollverlust über Daten einen immateriellen Schaden darstellt. Opfer können sich außerdem bei der Aufsichtsbehörde beschweren (Art. 77 DSGVO) oder vor Gericht klagen (Art. 79 DSGVO).


5. Wie gehe ich gegen falsche SCHUFA-Einträge vor?

Falsche Einträge müssen nach § 35 BDSG und Art. 16 DSGVO berichtigt oder gelöscht werden. Betroffene sollten schriftlich Widerspruch einlegen und den Identitätsdiebstahl belegen, zum Beispiel durch die Vorlage der Strafanzeige. Das OLG Frankfurt (Urteil v. 25.02.2021, Az. 1 U 170/19) entschied, dass eine Eintragung unzulässig ist, wenn das Vertragsverhältnis bestritten und nicht nachgewiesen werden kann. Parallel empfiehlt sich eine Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO, um gespeicherte Daten zu kontrollieren. Wird die Löschung verweigert, können Unterlassungsansprüche (§ 1004 BGB analog) und Schadensersatz (§ 823 BGB i. V. m. Art. 82 DSGVO) geltend gemacht werden.


6. Wer haftet bei unautorisierten Bankgeschäften?

Bei unautorisierten Überweisungen oder Lastschriften haftet die Bank. § 675u BGB verpflichtet sie, nicht autorisierte Zahlungen unverzüglich zu erstatten. Nur wenn der Kunde grob fahrlässig gehandelt hat, kann die Bank Leistungen verweigern (§ 675v Abs. 2 BGB). Grobe Fahrlässigkeit liegt nur in Ausnahmefällen vor, etwa wenn PIN und Karte zusammen aufbewahrt wurden. Gerichte stellen strenge Anforderungen: Das AG Frankfurt entschied am 18.03.2016 (Az. 32 C 3806/15), dass die Eingabe von Daten auf einer Phishing-Seite keine grobe Fahrlässigkeit darstellt. Opfer sollten Banken sofort informieren, Transaktionen sperren und Strafanzeige erstatten.


7. Wie erstatte ich Anzeige nach Ausweisverlust?

Die Anzeige erfolgt bei der Polizei nach § 158 StPO. Betroffene sollten den Verlust des Ausweises, mögliche Folgen und bereits aufgetretene Schäden schildern. Wichtig sind Belege wie Mahnungen, Kontoauszüge oder Schriftverkehr mit Unternehmen. Die Polizei leitet die Anzeige an die Staatsanwaltschaft weiter, die über Ermittlungen entscheidet. Internationale Täter können über Europol oder Interpol verfolgt werden. Eine Kopie der Anzeige ist für Banken, Versicherungen oder Auskunfteien wichtig, da sie als Nachweis dient. Präventiv gilt: Den Verlust sofort melden und alle Dokumente archivieren, um spätere Ansprüche zu sichern.


8. Welche Rolle spielt die Staatsanwaltschaft?

Die Staatsanwaltschaft ist Herrin des Ermittlungsverfahrens (§ 152 Abs. 2 StPO). Sie entscheidet, ob ein Verfahren eingeleitet oder eingestellt wird (§ 170 Abs. 2 StPO). Bei Identitätsdiebstahl koordiniert sie die Ermittlungen der Polizei und beantragt richterliche Maßnahmen wie Durchsuchungen oder Beschlagnahmen. Opfer haben das Recht, über den Stand informiert zu werden (§ 406d StPO) und über ihren Anwalt Akteneinsicht zu erhalten (§ 406e StPO). Zudem können sie als Nebenkläger auftreten (§ 395 StPO). Damit können Betroffene aktiv Einfluss nehmen und ihre Rechte im Verfahren sichern.


9. Deckt meine Rechtsschutzversicherung Identitätsklau ab?

Viele Rechtsschutzversicherungen enthalten inzwischen Cyber-Bausteine, die Identitätsmissbrauch abdecken. Versichert sind häufig Anwalts- und Gerichtskosten bei der Abwehr unberechtigter Forderungen oder der Löschung falscher Einträge. Der BGH entschied am 09.09.2020 (Az. IV ZR 195/19), dass Versicherer auch bei Identitätsdiebstahl leisten müssen. Wichtig ist die Prüfung der Vertragsbedingungen, da nicht jede Police Cyber-Risiken einschließt. Zudem verlangen Versicherer meist die Vorlage einer Strafanzeige, bevor sie zahlen. Betroffene sollten daher Versicherungsschutz rechtzeitig prüfen und im Ernstfall sofort den Versicherer informieren.


10. Welche Leistungen erbringt eine Cyber-Versicherung?

Cyber-Versicherungen übernehmen Kosten für IT-Forensik, Datenwiederherstellung, anwaltliche Beratung und die Löschung falscher SCHUFA-Einträge. Manche Policen decken auch psychologische Beratung oder PR-Maßnahmen ab. Ausgeschlossen ist meist grobe Fahrlässigkeit, etwa wenn sensible Daten ungesichert weitergegeben wurden. Versicherer verlangen in der Regel eine Anzeige bei der Polizei. Cyber-Versicherungen sind daher besonders sinnvoll für Personen, die stark online aktiv sind, etwa durch Online-Banking oder berufliche Datenverarbeitung.


11. Welche Tipps helfen zur Prävention?

Präventiv sollten Ausweise nie ungesichert mitgeführt und bei Verlust sofort im Sperrregister eingetragen werden. Banken, Mobilfunkanbieter und Versicherungen sind zu informieren. Technisch sind starke Passwörter und Zwei-Faktor-Authentifizierung unverzichtbar. Zudem sollten Betroffene regelmäßig eine SCHUFA-Selbstauskunft nach Art. 15 DSGVO einholen. Unternehmen dürfen Ausweiskopien nur speichern, wenn eine gesetzliche Pflicht besteht (Art. 5 DSGVO). Wer sparsam mit Kopien umgeht, reduziert das Risiko erheblich.


12. Welche Kosten entstehen durch Identitätsdiebstahl?

Kosten entstehen durch unberechtigte Abbuchungen, Mahngebühren, anwaltliche Beratung und gerichtliche Verfahren. Banken müssen unautorisierte Zahlungen erstatten (§ 675u BGB). Anwaltskosten können über eine Rechtsschutzversicherung gedeckt sein. Cyber-Versicherungen übernehmen zusätzliche Kosten für Datenwiederherstellung und IT-Forensik. Psychologische Behandlungskosten können nach Art. 82 DSGVO als immaterieller Schaden ersetzt werden. Insgesamt können Schäden schnell in die Tausende gehen. Präventiv schützt eine Kombination aus Versicherungen, rechtzeitiger Anzeige und sorgfältiger Datenkontrolle.


13. Können Opfer Schmerzensgeld verlangen?

Ja. Nach § 253 Abs. 2 BGB können Betroffene Schmerzensgeld beanspruchen, wenn ihre Persönlichkeitsrechte erheblich verletzt wurden. Der EuGH entschied am 04.05.2023 (Az. C-300/21), dass bereits der Kontrollverlust über Daten einen immateriellen Schaden darstellen kann. Psychische Belastungen wie Angstzustände oder Rufschädigung sind damit ersatzfähig. Opfer sollten ärztliche Gutachten oder psychologische Atteste beibringen, um den Anspruch zu untermauern. Gerichte erkennen zunehmend auch seelische Beeinträchtigungen als erheblich an.


14. Welche internationalen Regelungen sind relevant?

Innerhalb der EU greifen die eIDAS-Verordnung und die NIS-2-Richtlinie. Erstere regelt elektronische Identifizierung, letztere stärkt die IT-Sicherheit. Zudem ermöglicht die Europäische Ermittlungsanordnung (RL 2014/41/EU) eine vereinfachte Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden. Für Betroffene bedeutet das: Rechte können EU-weit geltend gemacht werden, etwa bei Löschung falscher Daten. In Drittstaaten ist die Rechtsdurchsetzung schwieriger, da deutsche Urteile dort oft nicht anerkannt werden. Dennoch sollten Opfer Anzeige erstatten, da Europol und Interpol kooperieren.


15. Welche Rolle spielt IT-Forensik?

IT-Forensik ist ein zentrales Werkzeug bei der Aufklärung von Identitätsklau. Spezialisten analysieren Log-Dateien, IP-Adressen und digitale Spuren, um Täter zu identifizieren. Ermittlungsbehörden nutzen forensische Software, um Beweisketten gerichtsfest zu dokumentieren. Auch Versicherungen beauftragen Forensiker, um Schadensursachen festzustellen. In Zivilprozessen können forensische Gutachten entscheidend sein, um nachzuweisen, dass der Betroffene nicht selbst gehandelt hat. Damit bildet IT-Forensik eine Schnittstelle zwischen Technik und Recht.


16. Welche Risiken bestehen für Jugendliche?

Jugendliche sind aufgrund intensiver Internetnutzung besonders gefährdet. Sie geben häufig unbedacht Daten in sozialen Netzwerken preis. Täter nutzen diese Informationen in Kombination mit Ausweisdaten, um Identitäten zu missbrauchen. Juristisch sind Minderjährige besonders geschützt: Nach § 104 BGB sind Kinder geschäftsunfähig, sodass Verträge unwirksam sind. Jugendliche zwischen 7 und 18 Jahren sind nur beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB). Präventiv sind Aufklärung und Begleitung durch Eltern entscheidend, um Risiken zu minimieren.


17. Welche Risiken bestehen für Senioren?

Senioren sind oft Ziel von Telefonbetrug oder gefälschten Schreiben, in denen sie zur Herausgabe von Daten aufgefordert werden. Ein verlorener Ausweis verschärft die Gefahr, da Täter ihn nutzen können, um Seriosität vorzutäuschen. Rechtlich gelten die gleichen Schutzmechanismen, jedoch sind Senioren anfälliger, weil sie weniger technisches Wissen besitzen. Prävention erfordert Aufklärung und Unterstützung durch Angehörige. Verbraucherzentralen bieten spezielle Programme für ältere Menschen an, um Betrugsrisiken zu erkennen.


18. Was passiert bei Mahnbescheiden nach Identitätsklau?

Mahnbescheide sind häufige Folge von Identitätsmissbrauch. Betroffene sollten unbedingt Widerspruch einlegen, da der Bescheid sonst rechtskräftig wird (§ 694 ZPO). Ein Widerspruch stoppt das Verfahren und zwingt den Gläubiger, seine Forderung gerichtlich zu begründen. Kann er den Vertrag nicht nachweisen, ist die Forderung unberechtigt. Opfer sollten außerdem eine einstweilige Verfügung nach §§ 935 ff. ZPO prüfen, um unberechtigte Vollstreckungen zu verhindern. Präventiv hilft es, alle Schreiben sorgfältig zu prüfen und rechtzeitig zu reagieren.


19. Welche Rolle spielen Arbeitgeber und Behörden?

Arbeitgeber und Behörden sind nach Art. 32 DSGVO verpflichtet, personenbezogene Daten vor Missbrauch zu schützen. Wird ein Ausweis verloren und von Tätern genutzt, müssen auch öffentliche Stellen sicherstellen, dass keine falschen Daten verarbeitet werden. Betroffene können nach Art. 17 DSGVO die Löschung unrechtmäßiger Einträge verlangen. Sozialleistungen dürfen nicht aufgrund falscher Daten verweigert werden. Für Arbeitnehmer ist es wichtig, Identitätsdiebstahl dem Arbeitgeber mitzuteilen, um Missverständnisse zu vermeiden.


20. Was ist der Unterschied zwischen Datenklau und Identitätsdiebstahl?

Datenklau bezeichnet die unbefugte Beschaffung von Informationen, etwa durch Hacking oder Phishing. Identitätsdiebstahl liegt erst vor, wenn diese Daten aktiv genutzt werden, um Verträge abzuschließen, Konten zu eröffnen oder Zahlungen vorzunehmen. Juristisch greift beim Datenklau § 202a StGB (Ausspähen von Daten), während beim Identitätsdiebstahl vor allem § 263a StGB (Computerbetrug) relevant ist. Beide Phänomene hängen eng zusammen: Datenklau ist meist die Vorstufe zum Identitätsmissbrauch. Für Opfer sind präventive Maßnahmen gegen beide Risiken entscheidend.